Aktuell sind viele Pferdehalter verunsichert: Vielfach wird eindringlich vor Bierhefe gewarnt. Dies ist großes Thema in vielen Ställen und in den sozialen Medien.
Da werden dann gut funktionierende Futterpläne verworfen, weil man gelesen hat, Bierhefe würde die Darmflora verschieben und die Pferde würden übersäuern. Bierhefe solle durch Gärung zu Aufgasungen führen und es sollen sich Fuselalkole bilden.
Schon minimalste Menge an Bierhefe würden sich massiv vermehren und zu diesen Problemen führen, so ist es zu lesen. Und manch ein Pferdehalter reagiert besorgt bis panisch. Natürlich! Niemand möchte doch seinem Pferd Schaden zufügen! Also werden dann alle Futtermittel akribisch darauf überprüft, ob da möglicherweise Bierhefe enthalten sein könnte.
Was ist Bierhefe überhaupt?
Bei der Bierhefe, die wir unseren Pferden geben, handelt es sich um ein Nebenerzeugnis aus der Bierbrauerei. Die zur Gärung verwendete Bierhefe wird nach den Gärprozess abgefiltert und durch aufwendige Prozesse sorgfältig getrocknet. Durch die hohen Temperaturen bei der Trocknung sterben die Hefen ab. Es handelt sich dann um eine sogenannte inaktive Bierhefe. Der Begriff "Abfallprodukt" (wie man es häufig liest) ist also so nicht zutreffend. Es handelt sich um ein wervolles Nebenprodukt der Bierherstellung. Im Sinne der Nachhaltigkeit tun wir gut daran, Nebenprodukte aus der Lebensmittelproduktion zur Fütterung zu nutzen. Das ist mir ein sehr wichtiger Aspekt bei Planungen von Futtermitteln.
Ob es sich bei einem Produkt um inaktive Bierhefe oder um Lebendhefe handelt, kann man der Deklaration entnehmen: Bei Lebendhefe muss der genaue Stamm benannt werden und die zugesetzte Menge in KBE (koloniebildendene Einheiten) angegeben werden. Da liest man dann bei den Zusatzstoffen beispielsweise: "Saccharomyces Cerevisiae NYCY Sc47 (4a1620(i)) 50 x 10h10 KBE" oder ähnliches...
Lebendhefe ist das einzige für Pferde zugelassene Probiotikum. Bei Bierhefe dagegen handelt es sich um Präbiotikum. Bestandteile der inaktiven Bierhefe, die nicht im Dünndarm aufgeschlossen und aufgenommen werden, dienen im Dickdarm der Darmflora als Nahrung und soll die guten Darmbakterien zum Wachstum anregen. Es vermehren sich bei der Bierhefe also nicht die Hefezellen (das geht ja auch nicht, weil die durch hohe Temperaturen abgetötet wurden) im Darm, sondern die Darmbakterien bekommen quasi Futter, damit sie sich gut vermehren können.
Stimmt das wirklich? Ein Versuch...
Weil also ja immer wieder so vehement von der Fuselalkohol-Bildung und Aufgasung im Pferdedarm durch Bierhefe geschrieben wird, habe ich es einfach ausprobiert. Immerhin bekomme ich Hefekuchen immer gut hin. Dann müsste ich doch auch die Bierhefe, die wir zur Fütterung nutzen, wieder reaktivieren können, wenn es wirklich möglich sein sollte?
In 3 Bechergläsern habe ich jeweils dieselbe Menge Bierhefe mit ein wenig Zucker abgefüllt und mit wiederum derselben Menge Wasser aufgefüllt. Im Anschluss habe ich die Bechergläser mit Frischhaltefolie abgedeckt und bei unterschiedlichen Temperaturen über mehrere Stunden stehenlassen. Weil man Bier bei niedrigen Temperaturen braut und es im Pferd aber ja warm ist, habe ich als Versuchstemperaturen 15, 30 (jeweils über 48 Stunden) und 38 °C (für 8 Stunden) ausgewählt. Ich kontrollierte regelmäßig auf entstehende Luftbläschen oder Zunahme des Volumens. Aber in der Tat passierte einfach - nichts!
Wenn sich in keinem dieser Fälle also auch nur annähernd etwas getan hat und man so absolut keine "Lebenszeichen" der Hefe feststellen konnte, so ist es wohl sehr wahrscheinlich, dass es stimmt: Die Hefe ist tot und lässt sich auch im Pferdedarm nicht mehr reaktivieren. Und es ist ja auch logisch: Wenn die Bierhefe nach dem Gärprozess bei ca. 120 Grad getrocknet wird, dann können die Hefezellen das nicht überleben.
Woher kommen aber die immer wieder auftauchenden Berichte, dass manche Pferde durch Bierhefe aufgasen würden? Da muss man sich verschiedene Dinge anschauen:
Oft wird Bierhefe zugegeben, weil man sich einen positiven Effekt wünscht bei Pferden mit Problemen im Magen- / Darmtrakt. Oft gibt es also schon ein Problem, wenn man beginnt, Bierhefe zu füttern. Und dieses Problem baut sich immer weiter auf, das Pferd bläht immer weiter auf. Und dann meint man, dass sich das unter der Bierhefe verschlechtert hat. Immerhin liest man davon ja immer wieder - also wird das der Grund sein. Und wenn es aber auch nach dem Absetzen der Bierhefe nicht besser wird, so meint man, man hätte die Darmflora "kaputt gemacht" durch die Bierhefe und darum gast das Pferd nun weiterhin auf.
Oft treffen mehrere Ereignisse aufeinander und es lässt sich nicht sicher nachvollziehen, was gerade die Ursache für eine Aufgasung sein könnte. Man kann nicht immer sicher unterschieden, ob das Pferd beispielsweise durch einen erhöhten Hefepilzbefall im Heu aufgast oder durch Magenprobleme oder, oder, oder. Und oft ist es auch in solchen Fällen so: Man merkt irgendwie schon diffus, dass etwas nicht rund läuft und verändert die Fütterung. Und nach und nach wird deutlicher, dass wirklich Probleme vorliegen und dann neigt man dazu, sich zunächst alle neu dazugegebenen Futtermittel anzuschauen und hat dabei natürlich im Hinterkopf, was man irgendwo in den sozialen Medien schon mal gelesen hat....
Weiterhin reagieren einige Pferde mit Problemen im Bereich des Magenausgangs / Dünndarms extrem empfindlich auf jede Futterumstellungen und besonders auf Erhöhung der Eiweißzufuhr. Auch das kann zu Aufgasungen führen. Dann liegt der eigentliche Grund aber beim Magen-/ Darmproblem und nicht der Bierhefe als solches.
Natürlich kann es in selten Fällen möglich sein, dass ein Pferd allergisch auf Bierhefe reagieren könnte. Aber Allergien kann es gegen alle Substanzen geben und das hat dann aber nichts damit zu tun, wie gut oder wie schlecht eine Substanz ist. Und eine Allergie ist etwas anderes als zu denken, die Hefe würde sich im Darm vermehren und / oder es würden Fuselalkohole entstehen.
Warum füttert man überhaupt Bierhefe?
Bierhefe ist ein seit vielen Jahrzehnten bewährtes und gut erforschtes Futtermittel. Nicht umsonst wird es auch in seriöser Fachliteratur (beispielsweise Pferdefütterung von Coenen / Vervuert) empfohlen und Vorteile benannt, aber keine möglichen Risiken. Bierhefe zeichnet sich aus durch hohen Gehalt an B-Vitaminen und gut verdaulichem Eiweiß. Natürlich kann man sowohl B-Vitamine als auch Eiweiß durch andere Substanzen zugeben. Aber als regionales, nachhaltiges Produkt stellt Bierhefe eben doch eine sehr sinnvolle Komponente in der Fütterung dar. Wenn ich hier von Bierhefe schreibe, ist natürlich immer die inaktive Bierhefe gemeint!
Neben der inaktiven Bierhefe, die vor allem als Nährstoffergänzung genutzt wird, gibt es noch verschiedene andere Produkte, die aus Bierhefe hergestellt werden und die alle futtermittelrechtlich deklariert werden müssen mit Hefe, Bierhefe oder Saccharomyces cerevisiae. In Sapodoris-Produkten sind also neben der reinen, inaktiven Bierhefe (in den Proteinhappen, B-Komplex und Quintus) drei weitere Produkte aus Bierhefe enthalten:
- Hefezellwandextrakte als Mykotoxinbinder (in Oligo Plus (vormals Basis Stoffwechsel), HerbaGast, Protect, AminoGast, Saposan L und Sapotox)
- Beta-Glukane als zusätzlicher Schleimhautschutz (im PektoGast)
- autolysierte Hefe, die freie Aminosäuren, Nukleotide und andere Zellbestandteile in hochverfügbarer Form bietet (in PektoGast, Quintus, B-Komplex)
Aber in keinem Sapodoris-Produkt ist lebendige oder irgendwie reaktivierbare Hefe enthalten.