Das A und O in der Pferdefütterung ist eine gute Raufutterversorgung. Passt diese nicht, so nutzen die besten Ergänzungsfuttermittel nur sehr eingeschränkt.
Eine schlechte Raufutterversorgung kann nicht komplett über Zusatzfuttermittel ausgeglichen werden. Man kann lediglich etwas Schadensbegrenzung betreiben. Die höchste Priorität in der Pferdefütterung hat also immer die Qualität der Raufutterversorgung. Neben verschiedenen Stressfaktoren sind es vor allem schlechte Wasser- und /oder unpassende Raufuttergaben, die unsere Pferde krank machen. Zum Raufutter zählen nicht nur Heu (oder Heulage) sondern auch Stroh, Zweige und Äste. Heu macht jedoch in der Regel den weit größten Anteil aus. Somit ist es wichtig, sich mit diesem Grundfuttermittel sorgfältig zu beschäftigen.
Beurteilung der Heuqualität
Anhand von Optik, Haptik und Geruch kann man schon einiges über das Heu erfahren. Gutes Heu sollte aromatisch und frisch duften, sich locker aufschütteln lassen (ohne dass es staubt) und es sollte eine eher grüne Farbe aufweisen (leicht ausgeblichen darf es sein, aber gutes Heu ist weder komplett gelb, noch braun oder grau oder gar dunkelbraun/schwarz). Es sollte gut strukturiert, aber nicht sperrig sein. Und klamm darf es sich auf keinen Fall anfühlen!
An dieser Stelle möchte ich auch ein paar Worte zur Heulagerung schreiben. Das beste Heu ist nach kurzer Zeit nichts mehr wert, wenn es nicht ordentlich gelagert wird: Große Scheunen oder Hallen zur Heulagerung sind selten. Vielerorts wird Heu einfach unter Vordächern gelagert und ist dort der Witterung viel zu stark ausgesetzt. Das Heu zieht Feuchtigkeit und verkeimt im Laufe der Monate immer mehr. Hier sollte man das Heu beispielsweise zusätzlich durch Heuvlies schützen.
Manchmal wird Heu auch komplett draußen gelagert. Das kann tatsächlich gut funktionieren, sofern das Heu sorgfältig auf Paletten gestapelt und das Vlies straff gespannt wird. Das Vlies schützt nur dann vor Regen, wenn das Wasser von der Vlies-Fläche ablaufen kann. Steht das Wasser auf dem Vlies, so kann es durchsickern und das Heu verdirbt unter dem Vlies.
Selbstverständlich sollte es sein, dass man Heu nicht jahrelang lagert und nach z.B. mehr als 2 Jahren ungeprüft immer weiter verfüttert. Heu zieht oft Feuchtigkeit im Lager und Keimgehalte erhöhen sich - manchmal im Laufe der Zeit so gravierend, dass keine Futterqualität mehr gegeben ist.
In den Beratungen werden mir oft Analysen geschickt von 2 oder gar 3 Jahre altem Heu mit erstaunlich niedrigen Zuckergehalten. Es wurde extra nach zuckerarmem Heu gesucht und man war froh, so etwas gefunden zu haben. Manchmal ist sogar eine mikrobiologische Untersuchung dabei, die sagt: Alles super! ABER bitte dann mal unbedingt einen Blick auf das Datum der Analyse werfen! Wurde die mikrobiologische Untersuchung schon vor einem Jahr gemacht? Oder ist das gar noch länger her? Dann ist das nicht mehr aussagekräftig, denn Heu verändert sich. Und da sich beispielsweise Hefen auch von Zucker ernähren, kann es vorkommen, dass mit zunehmendem mikrobiellen Befall der Zuckergehalt deutlich sinkt. Solches Heu ist aber trotz des niedrigen Zuckergehaltes nicht mehr zur Fütterung geeignet! Es ist also ein großer Fehler, bei der Auswahl des Heus nur auf den Zuckergehalt zu schauen.
Warum Heuanalysen?
Die Inhaltsstoffe des Heus lassen sich nicht durch äußerliche Qualitätsbeurteilung feststellen. Man sieht Heu also nicht an, was enthalten ist und was nicht. Nun mag man sich vielleicht überlegen, dass es doch
früher auch ohne Heuanalysen ging. Aber es hat sich in den letzten Jahren einiges verändert: Viele Freizeitpferde werden wenig oder gar nicht gearbeitet und bekommen folglich kaum oder kein Kraftfutter mehr. Das Heu wird deutlich später als noch vor einigen Jahren geerntet und auch die zeitweilige Dürre oder Überschwemmungen verändern die Nährstoffgehalte im Heu. Aus diesem Grund lasse ich selber mein Heu im Labor entsprechend untersuchen und empfehle dies gerne auch in den Beratungen.Gleichzeitig leiden viele Pferde unter diffusen Problemen. Oft wird versucht, diese Probleme durch diverse Futtermittel zu beheben. Doch viel hilft nicht immer viel! Und genauere Kenntnisse darüber, was im Heu enthalten ist, bringt viel Klarheit in die Fütterung. Statt auf gut Glück auszuprobieren, kann gezielt gefüttert werden. Je mehr man darüber weiß, was im Heu enthalten ist, desto besser kann man einschätzen, ob und welche Probleme des Pferdes möglicherweise mit der Qualität / den Inhaltsstoffen des Heus zusammenhängen.
Wie und wo kann man eine Heuanalyse machen lassen?
Für eine aussagekräftige Heuanalyse ist eine durchdachte Probennahme wichtig. Man nimmt bis zu 20 Einzelproben aus verschiedenen Heuballen und aus unterschiedlichen Bereichen der Ballen. Die Einzelproben werden gut durchmischt (in einem sauberen Eimer oder auf einer sauberen Plane), 300 bis 500 g (je nach Labor) davon in eine Papiertüte gefüllt und mit dem entsprechenden Probenbegleitschein versehen ans Labor geschickt. Jedes Labor gibt auf seiner Internetseite nützliche Tipps und Hinweise zum Probenversand. Gerne sollte man sich die Zeit nehmen, genauer nachzulesen, wieviel man senden sollte und wie die Probe verpackt werden soll.
Wichtig ist das sorgfältige Ausfüllen des Probenbegleitscheins. Weiter unten in diesem Artikel ist eine Auflistung zu finden, was im Normalfall analysiert werden sollte und zudem die Adressen von zwei möglichen Laboren.
Und wenn mehrere Heusorten verfüttert werden?
Wenn unterschiedliches Heu verfüttert wird, gibt es verschiedene Möglichkeiten: Werden alle Sorten quasi durcheinander gefüttert, dann kann man eine große Mischprobe zur Analyse einsenden. Man nimmt dann evtl. ein paar mehr Einzelproben als sonst und achtet darauf, von größeren Chargen mehr Proben zu nehmen und von kleineren weniger. So kann man durch die geschickte Probennahme einen guten Querschnitt der Fütterung abbilden.
Bedenken sollte man dabei: Es geht bei den Heuanalysen nicht darum, Tag für Tag aufs Milligramm exakt berechnet dem Pferd jeden Tag genau dieselbe Menge an Nährstoffen zu bieten. Schwankungen in der Nährstoffversorgung sind ja vollkommen normal und kommen in der Natur ebenfalls ständig vor. Wichtig ist, dass es am Ende im Großen und Ganzen passt. Es geht letztendlich um die groben Tendenzen: Habe ich einseitig irgendwo sehr große Überschüsse? Und was fehlt besonders in größeren Mengen? In welchem Verhältnis sollten die Mineralstoffe ergänzt werden, damit grobe Abweichungen ausgeglichen werden können?
Werden verschiedene Sorten nacheinander gefüttert, so muss man abwägen: Wie unterschiedlich sind die Heuchargen? Sind es unterschiedliche Schnittzeitpunkte? Stammen die Heusorten alle aus derselben Region? Wie lange wird die Charge jeweils verfüttert? Von diesen Fragen hängt es ab, in welchem Umfang man analysieren lässt bzw. wieviele Heuchargen man zu einer Probe zusammenziehen kann.
Wenn aber der Stallbetreiber einer Heuanalyse nicht zustimmt?
Die übliche Reaktion, wenn ich die Möglichkeit einer Heuanalyse anspreche ist: "Nein, das geht nicht! Damit wird mein Heulieferant (oder der Stallbetreiber) nicht einverstanden sein! Und außerdem würde es eh nichts nützen, denn ich muss ja dieses Heu füttern und habe keine andere Wahl!" Es geht aber bei einer Heuanalyse, wie man sie zur Rationsberechnung erstellen lässt, erst einmal darum, welche Nährstoffe in welchen Mengen im Heu enthalten sind. Wo muss ich ergänzen? Was ist schon genug enthalten? Bitten Sie darum Ihren Lieferanten oder Stallbetreiber, eine Heuanalyse durchführen lassen zu dürfen, um anhand des Ergebnisses dann die Futterergänzungen passend berechnen zu können. Solche Nährstoffanalysen sind erst einmal wertfrei und haben nichts mit Misstrauen dem Heulieferanten oder Stallbetreiber gegenüber zu tun.
Wichtig in solchen Gesprächen ist es immer, dem Landwirten / Stallbetreiber zu vermitteln, dass man seine Arbeit sehr schätzt und darum natürlich gerne dieses Heu füttern möchte. Aber Heu ist ein Naturprodukt mit schwankenden Gehalten und weil das eigene Pferd ja unter Problem XY leidet, wäre es wichtig, genauer zu wissen, was enthalten ist. Erklärt man also, dass es um die Nährstoffe im Heu geht, die sehr unterschiedlich ausfallen können, so finden die Landwirte das normalerweise sehr interessant. Ich biete immer auch an, das Ergebnis auszuhändigen.
Was kreuzt man auf dem Probenbegleitschein an?
Die beiden wohl "gängigsten" Labore für Heuanalysen sind die LKS in Lichtenwalde und die LUFA Nord-West in Oldenburg. Und beide empfehle ich sehr gerne!
Hier ist der Probenbegleitschein der LKS zu finden: https://www.lkvsachsen.de/probenbegleitschein/pferd/
Und hier von der LUFA Nord-West: https://www.lufa-nord-west.de/index.cfm/action/downloadcenter?file=0BE7C9
Bitte darauf achten, dass es wirklich der Probenbegleitschein fürs Pferd ist!
Analysenpakete (es gibt noch viel mehr, |
Bezeichnung bei LUFA Nord-West |
Bezeichnung bei LKS Lichenwalde (Preise bis 31.03.2025) |
"Grunddaten" des Heus ohne Mineralstoffe Wichtig besonders bei z.B.
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Inhaltsstoffpaket Heu (Preise sind auf dem Probenbegleitschein angegeben) |
Vollanalyse für Raufutter (38,60 € plus MwSt) |
Mineralstoffpakete für detaillierte
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Mineralstoff- und Spurenelementpaket
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Mineralstoffe P11 (36 € plus MwSt) |
Jod
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Jod |
Jod (Preis erfragen) |
Selen
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Selen |
Selen (39,20 € plus MwSt) |
Mikrobiologische Untersuchung
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Pilzkeimzahl |
Hefen / Pilze (38,20 € plus MwSt) |
Was sagt mir das Ergebnis?
Haben Sie dann nach ca. einer Woche das Ergebnis vorliegen, geht es an die Auswertung. 2014 wurden die Bedarfwerte für Pferde neu berechnet und von der GfE veröffentlicht. Anhand dieser Werte kann man nun sehen, wo die Versorung über das Heu ausreicht und wo ergänzt werden muss.
Jedoch braucht es schon etwas Augenmaß und Erfahrung, um aus diesen Zahlen eine sinnvolle Ration zusammenzustellen. Denn bei der Auswertung von Heuanalysen geht es nicht darum, dass man die Fütterung aufs Milligramm genau berechnet. In jeder Heucharge gibt es Schwankungen. Kein Heuballen ist wie der andere. Darum dürfen wir nicht den Fehler machen, uns in Zahlen und Berechnungen zu verlieren und zu exakt berechnen zu wollen. Es geht vor allem um die Annäherung an eine möglichst gut passende Fütterung.
Gerne dürfen Sie uns auch ansprechen, denn natürlich hat nicht jeder Zeit und Lust, sich damit so genau zu beschäftigen. Auswertungen von Heuanalysen zählen darum zu unserem Service. Zur Auswertung benötigen wir die "Eckdaten" des Pferdes, also Rasse, Alter, (Soll)-Gewicht, Haltungsweise und Angabe dazu, wieviel Heu gegeben wird. Sehr praktisch ist es, wenn für diese Angaben einfach unser Fragebogen genutzt wird.
Ein erster Überblick
Meist gibt es 4 Spalten in der Analyse:
- Einheit: Die LKS gibt die Werte in Gramm bzw. Milligramm an, während die LUFA Nord-West Angaben in % bzw. Milligramm macht. Bitte also aufpassen und genau schauen!
- Ergebnis in der Originalsubstanz (OS) oder pro kg OS: Dies sind die Werte, wie sie in unserem Heu vorliegen, also die Werte, die wir zur Rationsberechnung benötigen.
- Berechnet auf die Trockensubstanz (TS) oder pro kg TS: Diese Werte sind nützlich für die bessere Vergleichbarkeit.
- Zielwerte in der Trockensubstanz oder Richtwerte: Nicht alle dort angegebenen Werte sind wirklich Zielwerte – bei z.B. den Mineralstoffen sind es eher die im Heu meist zu erwartenden Gehalte.
Nun schauen wir uns die verschiedenen für uns relevanten Werte an:
- Trockensubstanz (=Frischesubstanz): Dieser Wert zeigt an, wie trocken oder feucht das Heu ist. Liegt der Wert in der Originalsubstanz (OS) unter 85 %, so enthält das Heu zu viel Restfeuchte und das Risiko eine Verkeimung steigt. Jedoch erhöht sich der Wert auch schnell, wenn man z.B. an einem sehr regnerischen Tag Proben nimmt und dabei auch Heu aus äußeren Schichten verwendet.
- Rohasche: Dieser Wert bezeichnet das, was nach dem Verbrennen übrigbleibt. Das sind vor allem die Mineralstoffe im Heu. Dieser Wert erhöht sich aber, wenn beispielsweise durch sehr kurzen Schnitt oder viele Maulwurfshügel zu viele Bodenbestandteile das Heu verunreinigen. Dieser Wert liegt normalerweise unter 10 % in der Trockensubstanz.
- Rohprotein ist der Gesamt-Eiweißgehalt im Heu. Die Pferde können jedoch nur einen Teil davon verwerten, so dass wir mit diesem Wert nicht die Ration berechnen.
- Rohfaser zeigt, wie stark verholzt das Heu ist. Je überständiger das Gras geerntet wird, umso höher der Rohfasergehalt. Die hier angegebenen Richtwerte von 25 bis 32 (LUFA) bzw. 20 bis 35 % (LKS) in TS sind sehr aussagekräftig: Bei zu wenig Rohfaser (unter 25 %) werden die Pferde nicht ausreichend satt und fressen zu schnell. Zu rohfaserreiches Heu (über 35 %) enthält zu viel Lignin, ist schwer verdaulich und kann Verstopfungskoliken begünstigen. Manche Pferde reagieren mit Kotwasser schon bei Gehalten ab 32 % Rohfaser in Trockensubstanz. Heu mit Rohfasergehalten von über 35 % (manchmal auch schon ab 32 %) zusätzlich ausschließlich mit Stroh zu strecken ist somit nicht sinnvoll.
- Gesamtzucker (bzw. Zucker) sollte im Heu idealerweise unter 10 %, noch besser unter 8 % enthalten sein. Leider werden diese Werte eher selten erreicht. Lt. LUFA Nord-West lag der Durchschnitt im Jahr 2023 bei 12,1 % und die Spannbreite bei 4,7 bis 20 %. Also bis zu 200 g Zucker je kg Heu in TS…
- Fruktan kommt noch zusätzlich obendrauf. Hier sind unter 5 % anzustreben – ebenfalls oft nur schwer erreichbar. 2023 lag der Mittelwert bei 6,4 % und die Spannbreite bei 2,4 bis 11,1 %.
- Summe wasserlösliche Kohlenhydrate bezeichnet im wesentlichen Zucker und Fruktane zusammen, denn Stärke ist in Heu nur sehr wenig enthalten.
- ME-Pferd bzw. Umsetzbare Energie Pferd zeigt, wieviel Energie im Heu enthalten ist. Seit 2014 berechnet man die Energie als ME MJ – früher war es DE MJ. Zwischen beiden Einheiten gibt es erhebliche Unterschiede!
- pcvXP (praecaecal verdauliches Rohprotein, dünndarmverdauliches Rohprotein): Dies ist der Eiweißanteil, den das Pferd verwerten kann – darum der Wert, mit dem wir Rationen berechnen.
- Mineralstoffe: Wir schauen, wieviel g bzw. mg je Kilo Originalsubstanz enthalten sind und berechnen dann, wieviel wir durch die Heumenge an Mineralstoffen geben. Diese Werte vergleicht man mit dem Bedarf und sieht, wo es Überschüsse und wo es Mängel in der Ration gibt, die man ergänzen muss.
In der Verbandszeitschrift der VFD Pferd & Freizeit erschien ein Artikel von mir zu dem Thema "Dicke Pferde füttern". Hier geht es u.a. darum, wie man Erkenntnisse aus den Heuanalysen nutzen kann, um Pferde gesund abnehmen zu lassen. Lesen Sie gerne hier:
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