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Sapodoris fürs Pferd
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Viele Beratungs-Anfragen erreichen uns zum Thema PSSM - Fütterung, Haltung und Training stellen betroffene Pferdebesitzer vor große Probleme. Aktuell wird jedoch vor allem nach Futtermitteln bei MIM gefragt. Und MIM ist nicht PSSM...

Wie also gehen wir damit um? Es ist ein gewisser Zwiespalt, wenn wir nach Futtermitteln für MIM-Pferde gefragt werden: Wir könnten einfach das empfehlen, was von uns erwartet wird. Wir könnten uns einigen gängigen Empfehlungen anschließen und einfach ordentlich Protein und Mangan erhöhen, vielleicht noch Vitamin E obendrauf. 

Aber genau damit tun wir uns schwer. Denn wir sehen täglich viele Probleme, die entstehen können, wenn man sich so sehr auf Futterpläne nach Gen-Varianten stützt. Diesen Artikel aus dem Jahr 2021 habe ich nun (4/2025) überarbeitet, weil wir erschüttert sind darüber, was inzwischen alles übersehen wird, was nicht mehr wahrgenommen wird und was alles "einfach" auf die Gene geschoben wird.

Wir sehen in unseren Beratungen viel zu viele schon gefährliche Überversorgungen und wir sehen Pferde, denen es trotzdem (oder gerade deswegen) einfach schlecht geht. Nicht selten sehen wir Schmerzgesichter - ohne dass nach weiteren Ursachen gesucht wird, weil MIM als Grund dafür angenommen wird. Wir sehen gravierende  Missstände in der Haltung - ohne dass man sich vorrangig darum bemüht, das zu verändern, weil nur MIM als Ursache angesehen wird. Auch Ausbildungs- und Trainingsprobleme sehen wir immer wieder - und auch hier stellt man oft den eigenen Ausbildungsstand und den des Pferdes wenig in Frage, sondern schiebt die Probleme auf MIM. Wir sehen, dass häufig Atemwegprobleme, Magenprobleme, orthopädische oder psychische Probleme unberücksichtig bleiben. Gar Hufrehe wird nicht selten übersehen - ist halt alles MIM... 

Es ist oft schwer auszuhalten und ich weiß, dass es uns nicht nur hier bei Sapodoris so geht. Wir stehen in regem Austausch zu anderen Unternehmen und Futterberatern und wir alle sind erschüttert, welche Folgen wir sehen durch die MIM-Diskussionen. Da geht vieles in eine ganz falsche Richtung.

Natürlich gibt es auch sehr, sehr viele Pferdebesitzer, die neben dem MIM-Test auch viele andere Dinge anschieben und verändern. Oft ist das positive Testergebnis der Anstoß, einiges zugunsten des Pferdes zu verändern. In diesem Artikel geht es aber um die viel zu vielen Fälle, in denen MIM als DIE Ursache für sämtliche Probleme gesehen wird und um die Vorstellung, dass eine Futterumstellung dann das Problem lösen wird. Natürlich wissen wir, dass der Leidensdruck betroffener Pferdebesitzer und ihrer Pferde sehr hoch ist und man in dieser Situation nach jedem sinnvoll erscheinenden Strohhalm greift. Gerade darum möchten wir aber nicht auf diesen Zug aufspringen und den Eindruck erwecken, man könne solche Probleme einfach wegfüttern. Futtermittel sind immer nur EIN Baustein des Ganzen.

 
Was ist PSSM und was ist MIM?

PSSM TestDie 6 Varianten im PSSM Gentest - jetzt MIM-TestZunächst einmal unterscheidet man PSSM Typ1 und PSSM Typ2. PSSM1 ist schon seit einigen Jahren bekannt und recht gut erforscht. Betroffen sind besonders Pferde eher kaltblutgeprägter Rassen und Westernpferde. Auch meine Tinkerstute Celina trägt das PSSM1-Gen.

PSSM1 kann man also schon seit recht vielen Jahren anhand eines anerkannten Gentests im Labor feststellen. Immer wieder fallen aber Pferde auf mit Symptomen ähnlich wie bei PSSM1, ohne dass man das dafür verantwortliche Gen findet. Auch in Muskelbiopsien finden sich entsprechende Auffälligkeiten. Diese Erkrankungen mit Symptomen wie bei PSSM1 und auch Auffälligkeiten in der Muskelbiopsie fasst man unter PSSM2 zusammen. PSSM1 und PSSM2 sind Glykogenspreichererkrankungen. Es wird zu viel Zucker in der Muskulatur gespeichert und natürlich ist diese Besonderheit bei von PSSM betroffenen Pferden in der Rationsgestaltung unbedingt zu beachten.

Da man die Ursache für PSSM2 nicht kennt, wurde weiter geforscht und ein Labor fand sechs verschiedene Gen-Varianten, die dafür verantwortlich sein sollten. Diese Gentests werden nun vielfach eingesetzt zur Diagnosefindung - sind aber nicht validiert. Das bedeutet: Man konnte keinen Zusammenhang zwischen diesen 6 Genen und PSSM2 festzustellen, diese 6 Gene haben also nichts mit PSSM2 zu tun.

Das Labor hat dann einen neuen Namen eingeführt: Man spricht bei diesen 6 Genvarianten von MIM (Muskel-Integritäts-Myopathien). Es ist also nicht so, dass PSSM2 umbenannt wurde. Lediglich das (kommerzielle) Labor gibt nun den 6 Genen, von denen sie zunächst angenommen hatten, sie wären für PSSM2 verantwortlich (was sich ja aber nicht bestätigt hatte), einen neuen Namen.

Nach wie vor gibt es auch PSSM2! Verschiedene Myopathien, die man durch Muskelbiopsie feststellen kann (ohne Vorliegen des PSSM1-Gens) nennt man nach wie vor PSSM2. Davon sind aber nur sehr wenige Pferde betroffen, während es MIM (in allen Rassen) sehr häufig gibt.

Mag sich nun jeder selber darüber Gedanken machen, was davon zu halten ist, dass dem Kind (also den 6-Gen-Varianten aus dem Test) einfach ein neuer Name gegeben wurde und nur schwer feststellbar ist, dass aber ja gar nicht PSSM2 umbenannt wurde - sondern eben nur die 6 Varianten...

Auch ich habe für eine meiner Stuten den Test machen lassen, denn sehr viele der beschriebenen Symptome passten auf sie. Zuvor hatten wir schon auf PSSM1 testen lassen, aber das Ergebnis war n/n (also kein PSSM1). Das PSSM2 - Ergebnis für diese so sehr auffällige Stute sieht man auf obigem Foto. Dabei passten zu ihr quasi alle Symptome, die für "typisch" bei MIM gelten. Aber auch das haben wir inzwischen durch andere Maßnahmen sehr gut im Griff. Dazu wird es bald einen weiteren Artikel geben.

Natürlich haben Gene immer irgendwelche Funktionen und so mag es gut sein, dass es es gewisse Auffälligkeiten und Besonderheiten geben könnte bei Anwesenheit der Gene. So fällt beispielsweise immer wieder auf, dass viele Pferde mit dem px-Gen sehr sensibel zu sein scheinen und darum häufig zu Magenprobleme neigen. Auf der anderen Seite: Gilt das nicht eigentlich für die allermeisten Pferde? Studien gibt es zu speziellen Auffälligkeiten nicht, das sind reine Erfahrungsberichte. Es gibt keinerlei wissenschaftliche Belege dafür, dass diese Gene wirklich die oft benannten Probleme überhaupt verursachen.

Es werden oft Parallelen zu verschiedenen Muskelerkrankungen beim Menschen gezogen. Doch während diese Erkrankungen im Humanbereich sehr selten sind, sollen nun derart viele Pferde davon betroffen sein? Dass man kürzlich Genmutationen beim Pferd gefunden hat, die für die Leistungsfähigkeit der Muskulatur mit verantwortlich sein sollen, zeigt einmal mehr: Man kann Pferd und Mensch nicht gleichsetzen! 

Da man von einer Häufigkeit von ca. 70 % ausgeht, kann man wohl auch kaum von einer Diagnose bei vorliegendem positiven MIM-Test sprechen. Es könnte zwar (bei Vorliegen mehr gesicherter Daten) ein Baustein bei der Beurteilung des Ganzen sein - aber eben keine Diagnose. Und ganz sicher kann man nicht nur aufgrund der Gen-Varianten auf eine Muskelerkrankung schließen oder / und  einen Futterplan erstellen. 

 

Welchen Sinn machen die MIM-Futterpläne?

Sicher mag es sinnvolle Futterpläne und Empfehlungen geben, die sich bei einigen Pferden bewährt haben. Aber diese Pläne sind nur dann wirklich sinnvoll, wenn sie auch zum jeweiligen Heu passen. Geht man zu leichtfertig und unkontrolliert mit manchen Empfehlungen um, so bergen diese durchaus Gefahren. PSSM - FütterungSpät geerntetes Heu von 2021 aus NaturschutzgebietBevor man beispielsweise die Eiweißzufuhr extrem erhöht oder noch zusätzliches Mangan gibt oder sämtliche Futtermittel mit etwas höherem Calciumgehalt total meidet, muss man sich immer erst das Heu und die Gesamtration anschauen. 

VOR einer Futterumstellung, in der man mit besonderen Mengen in einigen Bereichen arbeiten möchte, MUSS die Heuanalyse stehen (hier mehr zu dem Thema: Heuanalysen)! 

Das möchte ich gerne ein wenig erklären: 

Wir werten Heuanalysen aus mit Gehalten an dünndarmverdaulichem Rohprotein zwischen ungefähr 15 g und 77 g / kg Heu. Nun stellen wir uns mal ein 500 kg-Pferd vor mit einem Tagesbedarf von 315 g dvRP (dünndarmverdauliches Rohprotein). Und dieses Pferd bekommt z.B täglich 10 kg Heu. Beim eiweißarmen Heu mit nur 15 g dvRP nimmt es dann 150 g dvRP pro Tag auf und der Bedarf wird also nicht annähernd gedeckt. Mit dem eiweißreichen Heu würde es mit 10 kg gleich 770 g dvRP aufnehmen - also schon mehr als den doppelten Tagesbedarf und ca. 5 mal so viel wie mit dem eiweißarmen Heu.

Es sollte also auf der Hand liegen, dass man zu so unterschiedlichem Heu nicht dieselben Futtermittel zugeben darf, nur weil eine bestimmte MIM-Genvariante vorliegt. Aber ohne Analyse weiß man nicht, wieviel nun tatsächlich enthalten ist. PSSM - FütterungHeuanalyse mit erstaunlich hohem Gehalt an pcvRP bei so hohem Rohfasergehalt, Mangan im Überschuss und Ca : P nur 1 : 1

Wir haben in der Tat teilweise sehr eiweißarmes Heu für die Pferde zur Verfügung. Wird das übersehen und Protein entsprechend nicht ausreichend ergänzt, so stellen sich schnell einige Auffälligkeiten ein und natürlich sind die Pferde nicht mehr so leistungsfähig. Die Pferde profitieren dann entsprechend sehr von mehr Protein, bauen wieder auf - es geht ihnen mit mehr Eiweiß deutlich besser, weil sie zuvor im Mangel waren. Die Pferde haben dann keinen durch MIM erhöhten Bedarf - sie waren vorher schlichtweg unterversorgt.

Hat man nun die Erfahrung gemacht, dass es dem Pferd viel besser geht, wenn man tüchtig Eiweiß zufüttert, so wird man vermutlich einfach so weiterfüttern - zumal man vielerorts liest, das Heu wäre allgemein inzwischen so eiweißarm. Doch VORSICHT! Das stimmt so nicht! Wir sehen immer wieder Heuanalysen, in denen die Gehalte an dünndarmverdaulichem Rohprotein in einem Jahr beispielsweise doppelt so hoch sind wie im Jahr zuvor von derselben Fläche zu ähnlichem Erntezeitpunkt.

Es gibt da enorme witterungsbedingte Schwankungen. Und wir sehen sogar zunehmend immer mehr Heuanalysen mit besonders hohen Gehalten an dünndarmverdaulichem Rohprotein, weil teilweise dazu übergegangen wird, das Heu doch wieder etwas früher zu ernten. Auch ein recht später 1. Schnitt kann jedoch unerwartet viel Eiweiß enthalten, wenn frisches Gras schon von unten nachgewachsen ist. So sehen wir beispielsweise 1. Schnitte vom Juli mit mehr als 70 g dünndarmverdaulichem Rohprotein - mit solchen Werten rechnet man eigentlich nicht!

Ähnlich ist es auch bei einigen Mineralstoffen: Wir haben fast immer genug (oft überreichlich) Calcium im Heu. Aber in manchen Jahren sieht man in erstaunlich vielen Analysen zu niedrige Calciumwerte - dafür ist dann vielfach der Mangangehalt so hoch, dass man bei 10 kg Heu schon bei einer Mangangabe von ca. 1500 bis 3000 mg / Tag landet (Tagesbedarf 500 kg-Pferd 425 mg). 

 

"Mehr hilft mehr?"

Viele Pferdebesitzer kommen mit Anfragen wie dieser zu uns: "Wir haben nach dem MIM-Test begonnen, die Fütterung entsprechend anzupassen und mehr zu füttern. Dem Pferd ging es zunächst besser. Aber richtig gut wurde es nie (oder sogar: Und jetzt ist es auch wieder gekippt und genauso schlecht wie am Anfang.). Sollen wir vielleicht noch weiter erhöhen? Immerhin hatte eine Erhöhung zunächst geholfen? Vielleicht würde mehr noch besser helfen?"

Bei dieser Überlegung sollte man zunächst bedenken, dass alle Nährstoffe im Körper in einem gewissen Gleichgewicht stehen sollten. Es gibt Zusammenspiel und Wechselwirkung, Verdrängung und Ergänzung. Kein Nährstoff kann ganz allein etwas bewirken. An sämtlichen Stoffwechselprozessen sind unterschiedliche Stoffe beteiligt und in sämtlichen Geweben finden sich zahlreiche unterschiedliche Nährstoffe. Ob es da Sinn macht, sich auf so wenige Nährstoffe zu konzentrieren und alles andere außer Acht zu lassen?

BlutbildBlutuntersuchungen sind wertvolle Diagnosemittel, jedoch eignen sie sich nicht zur Rationsberechnung als solches. Bevor man also unkontrolliert immer mehr und mehr von bestimmten Substanzen füttert, sollte man sich fragen: Habe ich vielleicht durch eine Überfütterung schon einiges aus dem Gleichgewicht gebracht? Hat die Erhöhung zunächst eine Verbesserung gebracht, weil mein Pferd zu der Zeit an der Stelle tatsächlich unterversorgt war und ist das jetzt überhaupt noch der Fall? Habe ich mich vielleicht viel zu sehr auf die Nährstoffe konzentriert und es spielten aber ganz andere Dinge eine Rolle? Ging es meinem Pferd vielleicht nicht wegen einer Nährstofferhöhung besser, sondern wegen einer magenfreundlicheren Fütterung? Oder wegen einer Haltungs- oder Trainingsumstellung?

 

Welche Risiken bergen starke Nährstofferhöhungen?

Erhöht man einige ausgewählte Nährstoffe stark über den normalen Bedarf hinaus OHNE durch Heuanalysen zu überprüfen, was man denn überhaupt schon füttert, dann kommt man in einigen Fällen durchaus auf absurd hohe Mengen. Warum sollte ich beispielsweise einem Pferd, das schon über das Heu den 3-oder 4-fachen Tagesbedarf an Mangan bekommt, noch mal die doppelte  Tagesdosis obendrauf packen? Zumal Mangan neurotoxisch wirken kann? Oder ist es wirklich noch unproblematisch, wenn ich einem Pferd, das schon über das Heu den doppelten Tagesbedarf an Eiweiß bekommt, noch den kompletten Tagesbedarf an Protein zusätzlich gebe? 

Durch die unkontrollierte Erhöhung einiger Nährstoffe riskieren wir, Dosierungen zu geben, die dem Pferd wirklich direkt schaden oder aber wir verursachen möglicherweise ungewollt stärkere Ungleichgewichte. Beides ist wohl kaum sinnvoll.

 
Warum können unkontrollierte sehr hohe Proteingaben gefährlich sein?

All die in zu hohen Mengen gegebenen Stoffe müssen wieder ausgeschieden werden - die Nieren werden nicht unerheblich belastet. Bei stark überhöhten Eiweißgaben haben wir zusätzlich einige weitere Risikofaktoren: Besonders größere Mengen an Proteinisolaten sind nicht gut verträglich. Die Pferdeverdauung ist nicht darauf ausgelegt, solch hohe Proteinmengen in so kurzer Zeit aufzunehmen. Hohe Proteinmengen über Konzentrate können beispielsweise die Insulinausschüttung stimulieren.

Außerdem muss viel Stickstoff über den Harn entsorgt werden. Wir kennen es alle: Eine sehr eiweißreiche Ernährung kurbelt die Harnausscheidung an. Im Fitnessbereich ist das oft ein erwünschter Effekt. Jedoch geht dabei auch Energie verloren (wenn ich abnehmen möchte, ernähre ich mich auch eiweißreicher) und zum anderen landen natürlich diese erhöhten Harnmengen in der Einstreu - was wiederum sicherlich nicht gut für die Atemwege ist (Ammoniak wirkt stark reizend auf die Atemwege). 

Nicht zuletzt verändert sich natürlich auch die Darmflora durch stark überhöhte Eiweißgaben, besonders wenn ein goßer Teil davon in Form von Konzentraten gegeben wird. Auch daran sollte man denken, wenn sich Pferde so sehr schwer lösen können. 

  

Gibt es andere Ansatzpunkte?

Hier muss ich nun einige eher unbequeme Themen ansprechen. Wenn ich über diese Dinge hier schreibe, möchte ich (obwohl die Worte möglicherweise hart klingen) niemanden verurteilen und ich möchte auch nicht "Schuld geben". Es ist mir sehr wohl bewusst, wie schwierig es ist, das richtige Training, die richtige Hufbearbeitung, die richtige Ausrüstung und dann auch noch die richtige Haltung für sein Pferd zu finden. Es ist oft genug erschlagend. Niemand hat jemals behauptet, dass Pferdehaltung einfach sei - trotzdem hat man es sich sicher oft nicht so schwer und sorgenvoll vorgestellt. So viele Themenbereiche, in denen man sich ständig informieren und weiterbilden muss.... Pferdehaltung ist darum kein "normales Hobby" - es ist eine Lebenseinstellung. Auch mich hat es oft genug schon erschlagen und zur Verzweiflung gebracht und gerade deswegen schreibe ich auch über diese schwer lösbaren Dinge an dieser Stelle.

Sehr, sehr viele Pferde, die uns als MIM-Pferde vorgestellt werden, leiden unter Magenproblemen. So stellt sich oft zunächst die Frage: Läuft das betroffene Pferd wirklich unsauber, klamm und unwillig weil es MIM hat? Oder ist es doch der schmerzende Magen, der dazu führt? Baut das Pferd tatsächlich wegen eines erhöhten Proteinbedarfs durch MIM nicht genügend Muskulatur auf? Oder kann es Eiweiß durch Probleme im Magen- / Dünndarmbereich nur unzureichend verwerten? Auch Magenprobleme können übrigens zu Trageerschöpfung führen. Wird das Thema "Magenprobleme" angeschnitten, kommt man jedoch unweigerlich an den Punkt, an dem man sich Fragen muss: Wie kam es dazu? Und hier gilt es, sich verschiedene Dinge sehr offen und ehrlich anzuschauen. 

Auch zu dicke Pferde sehen wir sehr häufig in unseren Beratungen. Viele davon leiden schon unter Trageerschöpfung durch ihr Gewicht und fallen sehr auf die Vorhand - was zu Veränderungen im Gangbild führt und teilweise zu Schmerzen durch zu starke Belastung der Vorhand. Oft laufen diese Pferde schon deutlich fühlig und wir haben es eher mit einer sich anbahnenden Hufrehe als mit einem Muskelproblem zu tun.

Bei vielen der uns vorgestellten Pferden sind orthopädische Probleme sogar bekannt. Da gibt es unterschiedliche Fehlstellungen und Arthrosen, wiederkehrenden Sehnenproblemen und vieles mehr. Nicht jedes Pferd ist dann noch reitbar - damit muss man sich manchmal einfach abfinden. Aber auch in solchen Fällen wird sich oft an den Hoffnungs-Strohhalm MIM geklammert und gehofft, durch eine Futterumstellung doch noch den "Gamechanger" zu finden. Bitte nicht falsch verstehen: Es ist gut und richtig, sein Pferd bestmöglich zu unterstützen und zu schauen, was dem Pferd helfen könnte. Aber zugunsten des Pferdes ist es ebenso wichtig, Gegebenheiten anzunehmen - damit auch das Pferd sich angenommen und nicht ständig überfordert fühlt.

Bei Atemwegsproblemen ist zunächst meist nur eine gewisse Abgeschlagenheit zu bemerken, bevor das Pferd überhaupt zu Husten beginnt. Unter Atemwegsproblemen wird die Muskulatur nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt und natürlich laufen betroffene Pferde nicht so locker-fluffig wie ein gesundes Pferd. Man geht inzwischen davon aus, dass ca. 50 % aller Pferde von Atemwegsproblemen betroffen sind (viele unbemerkt) - also unbedingt ein Grund, auch hier genauer hinzuschauen, wenn es Muskulaturprobleme gibt. Das Abhorchen alleine und auf möglichen Husten zu schauen, reicht dabei jedoch nicht aus. 

Im Training finden sich oft auch einige Ansatzpunkte. Häufig wird von den Pferden zu vieles zu selbstverständlich erwartet und die Pferde geraten in Stress, weil sie gar nicht verstehen, was sie tun sollen - oder was auch nicht. Viele Reiter wollen viel zu schnell viel zu viel, ohne dass sie selber und ihr Pferd sich eigentlich auf diesem Ausbildungsstand befinden. Man eifert tollen Fotos und Videos aus den sozialen Medien nach und die unspektakulären Grundlagen bleiben schnell auf der Strecke - denn die zeigt ja kaum jemand. Biomechanische Grundsätze werden nicht immer ausreichend berücksichtigt - ganz zu schweigen vom eigenen Sitz, der nach einem ganzen Tag Büroarbeit sicherlich auch nicht immer geschmeidig und ausbalanciert sein wird. Und oft vergessen wir, wie sehr sensibel unsere Pferde auf schon minimalste Verspannungen unsererseits reagieren. 

Weiterhin sollte man die Haltung genau anschauen. Sicherlich jeder Pferdebesitzer wird versuchen, die beste Unterbringung für sein Pferd zu finden - aber es wird in allermeisten Fällen nicht das Ideal, sondern der jeweils beste Kompromiss sein. Es ist das womöglich schwierigste Thema überhaupt für uns Pferdebesitzer. Trotzdem muss ich es hier anschneiden, denn wir lesen in vielen Mails sogar von im Grunde nicht tragbaren Zuständen. Wir wissen, dass Änderungen nicht so einfach sind. Aber es wäre falsch, die daraus entstehenden Probleme nicht beim richtigen Namen zu nennen - sondern einfach alles auf MIM zu schieben. Wenn wir Probleme in der Haltung haben, ist es wichtig, diese zu erkennen und zu überlegen: Auf welche Weise kann ich das, was ich nicht ändern kann, zumindest bestmöglich ausgleichen?  Schlafen 1Diese Pferde schlafen bei Trockenheit lieber draußen im Sand. Bei Nässe freuen sie sich aber auch über eingestreute Liegeflächen im Stall

Pferde, die unter Muskelproblemen leiden, brauchen regelmäßige, stressfreie Bewegung. Sehr gut geführte Offen- oder Aktivstallhaltung mit möglichst konstanten Pferdegruppen wären darum ideal. Genügend weiche Liegeflächen sind fürs Wohlbefinden notwendig. Das Pferd muss zur Ruhe kommen und sich auch bei Bedarf unterstellen können. Es darf keinen Futterstress geben und der Auslauf sollte neben der Heuraufe Beschäftigungsangebote und Bewegungsanreize bieten. All das wäre eigentlich für alle Pferde wünschenswert, ist aber leider die Ausnahme. Die Realität sieht für die meisten Pferde ganz anders aus. 

 
Was hat die Haltung des Pferdes mit MIM zu tun?

In unseren Beratungen sehen wir sehr viele Pferde, die den vorwiegenden Teil ihres Lebens in Boxen verbringen. Immer noch sind es oft 20 Stunden und mehr, die die Pferde in der Box stehen. Auch die Paddocks bieten häufig keine Anreize und Möglichkeiten für freie, entspannte Bewegung. Viele Pferde leben zwar in Offenställen - stehen aber durch fehlende Bewegungsmöglichkeiten und -anreize auch dort viel zu viel.

Bei 20 Stunden und mehr Stehzeit in der Box oder einem z.B. 200 qm großen Auslauf für 3 Pferde, braucht man sich über Muskulaturprobleme und / oder die Notwendigkeit besonders langer Aufwärmphasen nicht zu wundern. Und wenn ein Pferd nie in seinem Reitpferde-Leben einfach frisch-frei (vielleicht sogar noch buckelnd) vorwärts galoppieren kann / darf (so etwas sehen wir in den Beratungen sehr häufig!), dann muss man durchaus mit Verhaltensauffälligkeiten und / oder erhöhte Schreckhaftigkeit rechnen. Selbst unsere wenig sportlichen Tinker werden sehr schnell doch etwas "ungemütlicher", wenn der Boden es einige Tage am Stück nicht hergibt, dass sie einfach mal ordentlich Gas geben können.

Hat das Pferd dagegen Stress durch zu viel Wechsel in der Herde, durch zu wenig Futterplätze, unpassenden Boxennachbarn oder amderen Dingen, so hat auch das natürlich direkten Einfluss auf die Muskulatur. Stress kann auch ohne vorhandene Magenerkrankungen zu Muskulaturproblemen führen. Das bei akutem Stress ist nicht mit einer lockeren Muskulatur zu rechnen ist, dürfte klar sein.

Weniger bekannt ist der Einfluss des chronischen Stresses auf die Muskulatur. Bei länger anhaltendem Stress kann eine erhöhte Cortisolausschüttung dazu führen, dass auch Aminosäuren aus der Muskulatur abgebaut werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu schauen: Schläft das Pferd ausreichend im Liegen? Da chronischer Stress sich meist nicht in offener Nervosität zeigt, sondern die Pferde eher immer zäher werden, wird  chronischer Stress oft übersehen. Viele Pferde fressen den Stress eher in sich hinein und sind dann auch bei der Arbeit natürlich nicht so motiviert dabei, wie man sich das wünschen würde. Und tatsächlich lautet eine der Hauptanfragen in den Beratungen zu MIM: Mein Pferd ist so zäh und unmotiviert. Da stellt sich wieder die Frage: Ist das wirklich MIM, das überhaupt nicht wissenschaftlich bestätigt ist? Oder haben wir es vielleicht doch mit chronischem Stress zu tun, unter dem nachweislich viele Pferde (bis hin zu Depressionen) leiden?

Bewegungsunlust und Veränderungen im Bewegungsablauf sind in aller Regel nicht fütterungsbedingt. Natürlich kann man die Muskulatur durch vielerlei Produkte unterstützen und hat oft erstaunlich gut Resultate, WENN wir es wirklich mit Muskulaturproblemen zu tun haben. Aber da nicht immer die Muskulatur Ursache für alle diese Probleme ist, ist es so wichtig, sich viele Faktoren anzuschauen und nicht einfach nur den Test als Diagnose anzusehen.

 
Wie gehen wir in der Fütterung mit Muskulaturproblemen um?

Bei tatsächlichen Muskulaturproblemen arbeiten wir gerne mit Spirulina (auch in Quintus enthalten), einem Mineralfutter mit gutem Gehalt an B-Vitaminen, Antioxidantien und B-Vitaminen und ganz besonders auch mit unserem DHAplus-Öl. Denn gerade die Omega 3-Fettsäuren DHA und EPA mit dem stark entzündungshemmenden Effekt erweisen sich als sehr positiv. Interessanterweise wird darüber in den üblichen MIM-Diskussionen gar nicht gesprochen, dabei zählen diese Fettsäuren und Antioxidantien eigentlich ganz besonders zu den wissenschaftlich als sinnvollen angesehenen Ergänzungen bei echten Myopathien. Ein erhöhter Manganbedarf wurde dagegen bisher nicht bestätigt.

 
Unser Fazit? 

Bevor man an eine Muskelerkrankung denkt, sollte man all die wahrscheinlicheren Dinge (die es reichlich gibt!) anschauen und überprüfen. Und bisher war es in unseren Beratungen eigentlich immer so, dass wir andere Gründe für die Probleme gefunden haben. Wir können uns somit nach aktuellem Stand der Wissenschaft, nach unseren eigenen Erfahrungen (die eine sehr erhebliche Anzahl an Pferden umfasst!) und nach Austausch mit verschiedenen Kollegen und Futterberatern NICHT mehr der MIM-Theorie anschließen. Wir bekommen jedoch sehr, sehr viel positive Rückmeldungen, wenn wir die Pferde wieder auf "normale" gut angepasste Rationen umstellen, die die tatsächlichen Probleme des Pferdes mehr berücksichtigen, als das einfach blind erhöhte Mangan- und Proteinmengen getan haben.

 

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